Auf in die Ewige Stadt - Im Zug nahm ich in einem äußerst bequemen Ledersessel Platz, ließ mir wie im Flugzeug von der Zugbegleiterin einen Caffè und etwas zu knabbern geben und genoss die luxuriöse Fahrt – bis der Schaffner kam. 

Einen Espresso die Dame? - Aber sicher doch, grazie!
Einen Espresso die Dame? - Aber sicher doch, grazie!

Er meinte, es tue ihm sehr leid, aber ich säße im falschen Abteil. Das hier sei die Zone für exklusive Mitglieder irgendeines Italotren-Super-VIP-Clubs, nicht die erste Klasse. Oh, und ich hatte mich schon über die außergewöhnliche Komfortabilität der italienischen 1. Klasse gewundert ;) Aber auch die tatsächliche erste Klasse war angenehm, bei 300km/h schossen wir durch die Toskana Richtung Rom.

 

Dort angekommen fand ich problemlos den Weg zu meinem nächsten Couchsurfer Adam, einem Kanadier, der wegen seines italienischen Vaters in Rom aufgewachsen ist. Nach dessen Tod hat er im jungen Alter von 20 Jahren die Sprachschule für Englisch übernommen und sich dazu entschlossen, in Rom zu bleiben, obwohl seine Mutter zurück nach Kanada ist. Beeindruckende Lebensgeschichten, die manche Leute zu erzählen haben… Jetzt, nach drei Jahren, war er Chef von ca. zehn Mitarbeitern und lebte so vor sich hin. Ausschlafen bis in die Puppen, trinken, rauchen, kiffen und ab und zu auch mal arbeiten – das war sein Alltag. Das mag sich jetzt im ersten Moment nicht wirklich so anhören, als würden er und ich eine gemeinsame Ebene finden, aber oft kommt es ja bekanntlich ganz anders als man denkt…

Ich habe jedenfalls nur eben meine Sachen abgeladen und mich dann alleine zum Kolosseum begeben, da ich irgendwann im Laufe des Abends meine Erasmus-Freundin Friederike, genannt Fritzi, plus ihren Freund treffen wollte. Adam war zwar herzlich dazu eingeladen, aber er hatte selbst eine Verabredung.

 

Als ich am Kolosseum aus der U-Bahn stieg, hatte ich kurzzeitig einen seltsamen Einsamkeitsanflug. Tausend Menschen um mich herum, alle mit irgendeinem Ziel oder Plan und mittendrin ich, die noch nicht einmal erwartet hätte, auf dieser Reise überhaupt in Rom zu landen. Ich war zugegebenermaßen überfordert mit der Situation und zum ersten Mal ein bisschen verärgert über mich selbst, dass ich mir nicht vorher wenigstens einen kleinen Plan zurechtgelegt hatte. Denn jetzt stand ich da, vor diesem riesengroßen Monument und wusste überhaupt nicht, wie und was. 

Also erstmal ein Foto vor dem Wahrzeichen Roms machen, um nicht ganz so verdattert in der Gegend herumzustehen.
Also erstmal ein Foto vor dem Wahrzeichen Roms machen, um nicht ganz so verdattert in der Gegend herumzustehen.

Einfach drauf loslaufen? Nein, entschied der rationale Teil meines Gehirns, erst einmal eine Karte besorgen für den Überblick. Dann würde ich zumindest schon einmal einen visuellen Plan vor mir haben und könnte so entscheiden, wohin ich gehen und was ich sehen wollte. Gedacht, getan. Nach kurzer Zeit fand ich eine Touristeninformation, setzte mich mit dem Stadtplan auf eine Bank – da klingelte mein Telefon! Fritzi war ganz in der Nähe und fragte, ob wir uns nicht am Hauptbahnhof treffen könnten, um gemeinsam einen Ort zum Abendessen zu finden. Juhu! Meine Stimmung hellte sich im Nu auf und ich eilte im wahrsten Sinne zur Stazione Centrale.

 

Mit einem strahlenden Lächeln begrüßten wir uns und konnten es kaum glauben: Zwei Jahre haben wir uns nicht gesehen und dann treffen wir uns ausgerechnet in Rom! Fritzi stellte mir ihren Freund Sergio vor, ein breitschultriger Peruaner, der mit Spanisch gefärbtem Deutsch in den nächsten Stunden unterhaltsam von sich und seinem Land erzählte.

 

 

Wir fanden eine gemütliche Bar, stoßen auf unser Wiedersehen an und setzten uns anschließend an einen Brunnen, an dem auch ganz viele andere Menschen den Straßenmusikern lauschten.

Ungeahntes Zusammentreffen mit Fritzi, einer Freundin aus meinem Auslandssemester.
Ungeahntes Zusammentreffen mit Fritzi, einer Freundin aus meinem Auslandssemester.

Um 10 Uhr kam Luigi dazu, den ich auf Couchsurfing angeschrieben hatte, ob er mich beherbergen könne. Ich hatte nämlich aufgrund der Ferien rund um den 15.August tatsächlich Probleme, einen Couchsurfer zu finden. Luigi hätte aber nur einen Tag Zeit gehabt, weswegen ich am Ende Adam zugesagt habe. Fritzi, ihr Freund Sergio, Luigi und ich tranken gemütlich unser Bier und jeder quatschte mal mit jedem, wobei es ab und zu ein kleines Sprachendurcheinander gab: Sergio wechselte manchmal ins Spanische, warf wie selbstverständlich deutsche Begriffe in seine englischen Äußerungen ein, Luigi, der gar kein Deutsch verstand und Englisch mit unverkennbar italienischem Akzent sprach. Fritzi kam anfangs gar nicht erst rein ins Englische, weil sie ja sonst nur Spanisch oder Deutsch spricht (und jetzt außerdem seit einer Woche von Italienisch umgeben war) und ich kam letztendlich von dem Durcheinander selbst durcheinander. Aber es war trotzdem herrlich: Diese lieben Menschen um mich herum, die tolle Atmosphäre auf dem Platz, die milde Nacht, die Musik – so hatte ich mir meinen Italienaufenthalt vorgestellt.

 

Um kurz vor Mitternacht leerten wir auch die letzte Flasche Bier und machten uns auf den Heimweg, wobei Fritzi und Sergio in die entgegengesetzte Richtung mussten wie ich. Luigi hat mich noch zur Metro begleitet, aber da stand ein Sicherheitsbeamter und machte mich darauf aufmerksam, dass die letzte U-Bahn schon vor einer halben Stunde gefahren war.

Luigi bot mir an, für diese Nacht doch bei ihm zu schlafen (denn genau für diese Nacht hätte er Zeit gehabt) und mich dann morgen früh mit seinem Auto zurück zu Adams Wohnung zu bringen. Obwohl ich zum Schlafen wirklich gerne etwas Frisches angezogen und nach dem würzigen Essen zumindest Zähne geputzt hätte, blieb mir wohl kaum etwas anderes übrig. Geld für ein Taxi auszugeben war mir eindeutig zuwider (so wie es mir immer gegen den Strich geht, wenn ich ein Taxi bezahlen muss) und sowas wie ein Nachtbus hätte wahrscheinlich Stunden gebraucht. Wir sind also zu ihm gelaufen, doch während des kleinen Fußmarsches hatte er noch eine andere Idee: Er könnte mich auch jetzt noch „nach Hause“ bringen. Ich habe allerdings die kleine Nuanceänderung in seiner Stimme gehört, die sagen wollte „Bitte nein, entscheide dich für Option 1.“ Und spätestens DAS brachte mich dazu, klar zu machen, dass ich die zweite Möglichkeit deutlich bevorzugte. Luigi war nett, dagegen war nichts einzulegen, doch ich hatte ihm vorher auf seine Nachfrage hin vorsichtshalber erzählt, dass ich einen Freund in Deutschland hätte, auch wenn das gar nicht stimmt. Man weiß ja nie, für was es gut ist. So ein angeblicher Freund hat mir schon das ein oder andere Mal unangenehme Situationen erspart.

Aber wenn er nun schon anbot, mich gleich zurück zu bringen, dann würde ich sehr gerne dieses Angebot annehmen, sagte ich.

 

Als wir in seiner Wohnung angekommen sind (ich musste so dringend auf’s Klo, dass wir noch zu ihm hoch sind; außerdem brauchte er seine Autoschlüssel), hat er mir alles gezeigt und mir noch etwas zu trinken angeboten. Ich war mit Wasser höchst zufrieden. Wir saßen noch eine viertel Stunde auf seinem kleinen Balkon, bis ich in freundlich darauf aufmerksam gemacht habe, dass ich nun wirklich gerne gehen würde. Er lief vor mir durch den Flur, blieb aber kurz vor der Tür abrupt stehen, drehte sich um und kam näher. Dieser kleine Italiener (er ging mir gerade mal bis zu den Augen) umfasste meine Taille und wollte mich tatsächlich küssen! Obwohl die Situation manchen etwas unheimlich erscheinen könnte, hatte ich alles andere als Angst, sondern fand es im Gegenteil eher zum Lachen. Da stand er, der 32-jährige italienische Jazzmusiker, der wohl aufgrund seines Berufes dachte, dass er jede Frau rumkriegt und schaute ein bisschen wie ein bettelnder Hund von unten zu mir herauf um mich zu überzeugen, dass ich doch „eine Nacht auch mal abschalten könnte und dass eine Nacht doch wirklich keinen Unterschied macht.“ Was für ein dreister, aber eben doch so typischer Kerl :D

Ich habe ihn freundlich aber entschieden abgewiesen und deutlich gemacht, dass sämtliche Versuche, mich rumzukriegen, ins Leere laufen würden. Erstaunlicherweise hat Luigi das ohne großes Murren akzeptiert und mich dann auch ganz „brav“ zu meinem eigentlichen Schlafplatz gebracht.

 

Doch wenn ich dachte, ich könnte jetzt in Ruhe einfach schlafen gehen, hatte ich mich getäuscht. Als ich bei Adam ankam, hatte dieser Besuch von Selina, die – wie es der Zufall eben immer so will – in Leipzig aufgewachsen ist, bevor sie die letzten 10 Jahre in Sizilien verbracht hatte. Selina sprach perfekt Italienisch und natürlich auch Deutsch, auch wenn mein geschultes Ohr manchmal ein paar Ungereimtheiten hörte, die wohl von der langen Abwesenheit aus Deutschland stammten. Selina konnte allerdings kein Englisch, was die ganze Kommunikation etwas erschwerte, denn Adam sprach kein Deutsch und ich wiederum kein Italienisch. Es gab also keine gemeinsame Sprache, was dazu führte, dass Selina und ich uns auf Deutsch lange und ausführlich über Leipzig unterhielten und Adam schon ungeduldig auf die Übersetzung wartete. Beide waren sichtlich angetrunken und selbst ein Blinder hätte gesehen, dass Selina mehr von Adam wollte – der hatte aber offensichtlich nicht die gleichen Absichten, zumal er sowieso eine Freundin hatte, die aber momentan in Spanien im Urlaub war. Während wir auf der Terrasse saßen und uns unterhielten, rief uns ab und zu eine Stimme zur Ruhe auf, doch Selinas Lachen war und blieb einfach laut. Als dann aber aus einem der oberen Stockwerke ein Eimer Wasser auf den Boden klatschte und uns nur knapp verfehlte, reichte es uns und wir sind nach drinnen umgezogen. Oh man, in was für ein Chaos bin ich denn da rein geraten :D

Obwohl mir Adam anfänglich eigentlich sein Bett angeboten hatte und selbst auf der Couch schlafen wollte, habe ich sehr gerne das Sofa für die Nacht bezogen, als klar war, dass Selina wohl nicht mehr nach Hause fahren würde. Ich bin zwar offen und absolut tolerant, aber das Angebot, zu dritt in Adams Bett zu schlafen, habe ich dann doch dankend abgelehnt.

 

Obwohl ich mich wie überfahren fühlte, stand ich mit dem Klingeln meines Weckers nach nur vier Stunden wieder auf, denn ich hatte mit Fritzi und Sergio ausgemacht, in den Ort Sperlonga zu fahren und einen Strandtag einzulegen. Da die Fahrt über eine Stunde dauerte, wollten wir nicht allzu spät los. Während Adam und Selina noch ihren Rausch ausschliefen, verließ ich leise die Wohnung und genoss erstmal die frische Luft draußen (die beiden hatten nach der Wasseraktion drinnen weiter geraucht).

 

Wir drei verbrachten den ganzen Tag am Strand, haben es aber zum Glück nicht versäumt, auch noch das kleine Städtchen anzuschauen, das malerisch am Hang lag und von einem Platz weiter oben im Dorf einen wunderschönen Blick aufs Meer bot. 

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Da jetzt der Speicherplatz wieder voll ist, geht es ohne Umschweife hier weiter:

 

http://huehner-auf-reisen-3.jimdo.com/das-reisen-ist-der-h%C3%BChner-lust/italien-14-8-5-9/rom-fortsetzung/

 


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